FAQ

Grundmechanismus

Was sind ambulante Pauschalen?

Ambulante Pauschalen bezeichnen ein Tarifsystem, bestehend aus einer Tarifstruktur nach Vorbild SwissDRG (Katalog mit Relativgewichten) und einem Preis, den die Leistungserbringer und Krankenversicherer vereinbaren.

Wie viele ambulante Pauschalen gibt es?

In der Version 1.0 sind es 454 Pauschalen.

Dies entspricht bewusst einer hohen Granularität in der Anfangsphase zur besseren Erkennbarkeit der Leistungen. In Zukunft wäre eine Konsolidierung überall dort möglich, wo aufgrund der Daten keine Unterschiede zwischen mehreren Pauschalen erkennbar sind und die medizinische Homogenität gegeben ist.

Wie weiss ich, welche Pauschale abzurechnen ist?

Die ambulanten Pauschalen werden anhand der Diagnose und der erbrachten Prozedur ermittelt. Die Diagnose führt in das entsprechende Capitulum und die Prozedur (sowie weitere Merkmale wie bspw. Alter, Geschlecht, etc.) führt innerhalb des Capitulums in die richtige Fallgruppe. Dieser Vorgang muss nicht manuell gemacht werden, sondern wird durch den sog. Grouper erledigt.

Was ist ein Grouper und wie funktioniert dieser?

Der Grouper ist ein umfassendes Flussdiagramm oder ein umfassender Entscheidbaum. Darin werden die Patientenkontakte aufgrund der Diagnose, der Prozedur und weiterer Merkmale (z.B. Alter des Patienten) der richtigen Fallgruppe zugeordnet.

Der Entscheidbaum ist als HTML-Format im sog. Definitionshandbuch auf der Homepage der solutions tarifaires suissses AG einsehbar.

Was ist ein Patientenkontakt?

Siehe dazu auch die Definition in Kapitel 1.4.1 im Dokument „Anwendungsmodalitäten“ auf der Homepage der solutions tarifaires suisses AG (Stand Juni 2023 zur Tarifversion 1.0):

Ein Patientenkontakt ist definiert als das physische oder fernmündliche Zusammentreffen eines Patienten mit einem «Leistungserbringer im ambulanten Setting». Im Rahmen dessen wird eine diagnostisch oder therapeutische Massnahme durch einen «Leistungserbringer im ambulanten Setting» zu Gunsten eines Patienten durchgeführt. Eine Leistung an einer Probe oder einem Präparat entspricht nicht einem Patientenkontakt. Diese Leistungen müssen dem auftraggebenden Patientenkontakt zugeordnet werden. 

Gutachten, Akten- und Bildkonsilien und Tumorboards/ärztliche Expertenboards/interdisziplinäre Boards werden auch ohne physisches Zusammentreffen des Patienten mit dem «Leistungserbringer im ambulanten Setting» als Patientenkontakt geführt.

Welche Leistungen sind in den Pauschalen enthalten?

Siehe dazu auch die Ausführungen in Kapitel 1.4 im Dokument „Anwendungsmodalitäten“ auf der Homepage der solutions tarifaires suisses AG (Stand Juni 2023 zur Tarifversion 1.0):

Eine Pauschale umfasst grundsätzlich alle Leistungen des dazugehörigen Patientenkontaktes (d.h. bspw. inkl. Medikamente, Verbrauchsmaterial, Leistungen, etc.).

Folgende Leistungen können separat abgerechnet werden (siehe dazu Kapitel 1.5 im Dokument „Anwendungsmodalitäten“ auf der Homepage der solutions tarifaires suisses AG (Stand Juni 2023 zur Tarifversion 1.0)):

  • Labile und stabile Blutprodukte
  • Mitgegebene Heilmittel
  • Implantate in Fallgruppen mit entsprechender Kennzeichnung im Katalog ambulante Pauschalen

Wieso wurden die ambulanten Pauschalen auf Basis von TARMED erstellt?

Die ambulanten Pauschalen wurden auf Basis von tatsächlichen ambulanten Kosten- und Leistungsdaten erstellt. Dies bedeutet, es wurden von abgerechneten Patientenfällen die Leistungsdaten (Rechnungsstellung, TARMED-Positionen) und die Kostendaten (gemäss REKOLE) erhoben und ausgewertet.

Tarifpositionen (bspw. TARMED) wurden nur verwendet, um den erbrachten Fall zu identifizieren.

Wird die Abrechnungsversion ebenfalls auf Basis von TARMED erstellt?

Die Entwicklung basierte auf der Identifikation der Patientenfälle mittels Tarifpositionen (bspw. TARMED). Die Abrechnungsversion wird auf ICD und CHOP-Codes basieren.

Für die Abrechnungsversion (und somit für die Anwendung ab Einführungszeitpunkt) ist TARMED nicht mehr relevant.

Sind in den Pauschalen nur ärztliche Leistungen enthalten? Sind die Implantate/ Medikamente/ Laboranalysen in den Pauschalen enthalten?

Grundsätzlich sind alle Leistungen eines Patientenkontakts in den Pauschalen enthalten. Also auch die nichtärztlichen Leistungen, Medikamente, Material, Implantate, Laborleistungen, etc. Vereinzelt sind Implantate jedoch separat abrechenbar. Im Katalog ambulante Pauschalen ist ausgewiesen, bei welchen Fallgruppen die Implantate separat abrechenbar sind.

Die Labor-Analysen sind in den Pauschalen enthalten. Die Abrechnung der Analysen ist im Art. 59 KVV geregelt und bedarf einer Anpassung bei der Einführung von ambulanten Pauschalen. Der entsprechende Austausch mit dem BAG läuft.

 

Anwendung

Wer wendet die ambulanten Pauschalen an?

Die ambulanten Pauschalen werden unabhängig vom Ort der Leistungserbringung angewendet. Erbringt ein Leistungserbringer eine Leistung, die in den Anwendungsbereich des ambulanten Pauschalensystems fällt, wird diese Leistung über ambulante Pauschalen abgerechnet. Davon können sowohl Spitäler wie auch Arztpraxen betroffen sein.

Daten

Wieso wurden nur Kosten- und Leistungsdaten der Spitäler verwendet?

Mit der etablierten Branchenlösung REKOLE (Revision der Kostenrechnung und Leistungserfassung) wird schweizweit die Vereinheitlichung der Spital-Kostenrechnungsstandards gewährleistet. Mit der REKOLE-Zertifizierung wird bestätigt, dass die Kosten- und Leistungsrechnung dieser Spitäler den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspricht. Somit sind die daraus resultierenden Kostendaten auf Patientenebene vergleichbar. REKOLE ist gesetzlich anerkannt.

Durch die Verwendung dieser Daten basiert das ambulante Pauschalensystem auf einer umfassenden, standardisierten und gesetzlich anerkannten Datengrundlage.

Es existieren noch keine analoge Kostendaten aus den Arztpraxen auf Patientenebene (sog. Fallbasierte Kostendaten). Sobald eine entsprechende Methodik eingeführt wäre und die Daten vorliegen würden, könnten diese grundsätzlich für die Berechnungen im ambulanten Pauschalensystem berücksichtigt werden.

Wieso wurden nicht die Daten aller Spitäler verwendet?

Zum Zeitpunkt der Datenerhebungen waren die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen noch nicht in Kraft für eine Obligatorium zur Datenlieferung. Die Datenlieferung erfolgte zum Zeitpunkt der Entwicklung der Tarifversion 1.0 noch auf freiwilliger Basis.

Die Tarifversion 1.0 wurde auf der Datenbasis von 47 Spitälern entwickelt, wobei rund 850‘000 ambulante Fälle verwendet wurden. Diese Fallzahlenmenge ist vergleichbar mit der Situation bei der Einführung von SwissDRG im Jahr 2012.

Mit Art. 47a Abs. 5 KVG existieren die gesetzlichen Rahmenbedingungen, dass ab Einführung des ambulanten Pauschalensystems alle Leistungserbringer verpflichtet werden können, die nötigen Kosten- und Leistungsdaten zu liefern.

Wie können die Pauschalen bewertet werden?

Die Tarifversion 1.0 des ambulanten Pauschalensystems wurde auf Daten der Spitäler aus den Jahren 2019 – 2021 entwickelt. Wichtig: es handelt sich dabei um reale, tatsächlich entstandene Daten und nicht um quantitative Schätzungen oder Meinungen von Fachpersonen. Die Fachpersonen der Tarifpartner diskutieren jedoch in Expertengremien über Aspekte zur Methodik. Methodische Verfeinerungen sind im Rahmen der regelmässigen Tarifpflege (voraussichtlich jährlich) und Weiterentwicklungen der Tarifstruktur möglich.

Wie kann eine regelmässige Aktualisierung der Pauschalen sichergestellt werden? (lernendes System)

Die Tarifstruktur unterliegt einem regelmässigen, automatischen Prozess der Tarifpflege (voraussichtlich jährlicher Rhythmus). Im Rahmen dieses Prozesses werden die neusten Kosten- und Leistungsdaten verwendet. Die zuständige Tariforganisation führt zudem laufend datenbasierte Analysen durch, wo die Güte der Tarifstruktur verbessert werden kann. Dabei prüft sie über den sog. Antragsprozess auch Vorschläge und Hinweise der Anwender. Dadurch soll sichergestellt werden, dass:

  • Die Berechnungen stets auf einer aktuellen Datengrundlage basieren;
  • Entwicklungen in der medizinischen Leistungserbringung zeitnah in der Tarifstruktur abgebildet werden (bspw. neue Behandlungsmethoden, etc.);
  • Beobachtungen aus der Tarifanwendung in die Tarifstruktur einfliessen, wenn diese zu einer objektiven Systemverbesserungen beitragen.

Müssen jetzt Kodierpersonen für den ambulanten Bereich eingestellt werden? Gibt es ein neues Berufsbild „ambulante Kodierer“?

Die Kodierung der Diagnose und der Prozedur ist im ambulanten Setting deutlich weniger kompliziert als im stationären Bereich, weil für die Zuordnung zu einer Pauschale mehrheitlich nur eine Diagnose und eine Prozedur relevant ist (Ausnahmen sind möglich).

Als Grundsatz gilt, dass das gleiche Personal die Erfassung der Diagnose(-n) und Prozedur(-en) im ambulanten Bereich durchführen kann, welches heute die Leistungserfassung im Einzelleistungstarif durchführt.

Die Einführung der ambulanten Kodierung ist initial mit einem Mehraufwand verbunden. Nach der Etablierung ist jedoch eine deutliche Reduktion des Aufwandes im Vergleich zur heutigen Situation mit dem umfassenden Einzelleistungstarif und dem dazugehörigen Regelwerk zu erwarten.

Wie weiss ich, wie gross der Anteil des Arztes an der Pauschale ist?

Die solutions tarifaires suisses AG wird ab Einführung einen Datenspiegel veröffentlichen, in dem u.a. einzelne Kostenbestandteile der Pauschalen einsehbar sind. Es wird darauf hingewiesen, dass die Aufschlüsselung der Kostenbestandteile maximal im Rahmen der Granularität von REKOLE möglich ist (d.h. bspw. keine Aufschlüsselung der Arztkosten nach unterschiedlichen Fachbereichen).

Zeitplan

Wann werden die Pauschalen zur Genehmigung eingegeben?

Die Tarifpartner haben sich gemeinsam darauf geeinigt, die ambulanten Pauschalen und TARDOC bis Ende 2023 beim Bundesrat zur Genehmigung einzugeben.

Preisfindung

Wie werden die Preise der Pauschalen ermittelt?

Im ambulanten Pauschalensystem werden Struktur und Preis getrennt.

Die Struktur bildet auf der Basis von tatsächlich entstandenen Kosten Leistungen im richtigen Verhältnis zueinander ab. Dieses Verhältnis ist das Kostengewicht. Die Tariforganisation verantwortet die Tarifstruktur.

Das Kostengewicht wird mit einem Frankenbetrag (d.h. dem Preis) multipliziert. Kostengewicht (Struktur) multipliziert mit dem Frankenbetrag (Preis) ergibt die Vergütung des Leistungserbringer. Der Preis wird zwischen den Tarifpartnern (oder ihren Mitgliedern) verhandelt (bspw. Spital mit entsprechenden Organisationen der Krankenversicherer). Diese Verhandlung findet somit ausserhalb der Tariforganisation statt. Die Tariforganisation publiziert pro Pauschale die Kostengewichte (Struktur) sowie Eckwerte zu den Kosten.

Entwicklung

Wie wurden die ambulanten Pauschalen entwickelt?

Die Spitäler lieferten Kosten- und Leistungsdaten ihrer tatsächlich erbrachten ambulanten Patientenfälle. Diese Fälle wurden in medizinisch ähnliche Fälle gruppiert. Über eine eigens dafür entwickelte Software wurden diese gruppierten Fälle weiter in feinere Fallgruppen aufgeteilt, so dass möglichst homogene Fallgruppen daraus entstanden. Die Homogenität bezieht sich einerseits auf die medizinische Leistungserbringung und andererseits auf die Kosten der Fälle in jeder Fallgruppe. Im Rahmen der regelmässigen (voraussichtlich jährlichen) Aktualisierung der Tarifstruktur kann auf der Basis der neusten Daten überprüft werden, ob die Gruppierung der Fälle verändert oder verfeinert werden sollte, um eine noch höhere Kostenhomogenität zu erreichen. Um dies zu erreichen können Faktoren wie bspw. Alter, Prozeduren, Medikamente, etc. berücksichtigt werden.