Die ambulanten Pauschalen einfach erklärt
Die Herausforderungen des Einzelleistungstarifs
Der Einzelleistungstarif deckt heute den gesamten ambulanten Bereich ab. Er bringt wesentliche Herausforderungen mit sich. Dazu gehört einerseits der hohe administrative Aufwand aufgrund des grossen Interpretations- und Abrechnungsspielraums. Andererseits gestaltet sich eine Aktualisierung als sehr komplex, da dafür keine automatisierten Prozesse und Methoden existieren. Die Aktualisierung des Einzelleistungstarifs ist stattdessen nur über Verhandlungen möglich, wodurch die Gefahr von Blockaden gross ist.
Zentrale Anforderungen an einen neuen Tarif
Mit Blick auf die Herausforderungen bei der Aktualisierung des Einzelleistungstarifs lassen sich zentrale Anforderungen an einen neuen Tarif ableiten. Eines der wichtigsten Prinzipien ist, dass man die Struktur (d.h. korrekte relative Bewertung von Leistungen untereinander) und den Preis (d.h. Geldwert) voneinander trennt. Die Struktur ist unpolitisch und dient als Basis für die Preisverhandlungen. Die Struktur wird anhand von tatsächlich angefallenen Kosten- und Leistungsdaten aus den Spitälern geschaffen. In der Struktur steht die relative Bewertung einer Leistung jeweils im richtigen Verhältnis zu allen anderen Leistungen. Über vordefinierte Prozesse und Methoden wird die Struktur jährlich aktualisiert. Daneben verhandeln die Leistungserbringer (bspw. Spitäler) und die Kostenträger (bspw. Verbände der Krankenkassen) den Preis. Entscheidend ist, dass die Struktur laufend aktuell gehalten werden kann, selbst wenn Blockaden bei den Preisverhandlungen auftreten. Dadurch wird sichergestellt, dass in der Struktur Veränderungen in den tatsächlich entstandenen Kosten jährlich berücksichtigt werden. Innovationen und Veränderungen in der Medizin können zudem zeitnah eingearbeitet und abgebildet werden.
Die solutions tarifaires suisses AG ist für die sachgerechte und aktuelle Struktur verantwortlich. Verhandlungen über den Preis finden zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern ausserhalb der solutions tarifaires suisses AG statt.
Pauschalen eignen sich insbesondere für Leistungen in ressourcenintensiven Infrastrukturen
Im Fokus des ambulanten Pauschalensystems stehen Leistungen in ressourcenintensiven Infrastrukturen (bspw. Operationssaal). Die ambulante Grundversorgung in einfachen Infrastrukturen (bspw. Konsultationen im Sprechzimmer einer Arztpraxis) werden künftig weiter über den Einzelleistungstarif abgerechnet. Die genaue Abgrenzung zwischen dem ambulanten Pauschalensystem und dem Einzelleistungstarif wird von allen Tarifpartnern in der neu gegründeten nationalen ambulanten Tariforganisation definiert (voraussichtlich bis Frühling 2023). Die solutions tarifaires suisses AG wird sich im Zuge der finalen Entwicklung der ersten Version des ambulanten Pauschalensystems darauf ausrichten.
Für die Berechnung der Pauschalen werden die realen, nach offizieller Methodik erhobenen Kosten der Leistungserbringer verwendet
Das ambulante Pauschalensystem basiert auf der Grundlage von realen ambulanten, fallbezogenen Kosten- und Leistungsdaten der Leistungserbringer. Die Kostendaten basieren auf der Methodik von REKOLE, der offiziell anerkannten Branchenlösung für das betriebliche Rechnungswesen im Spital (weitere Informationen zu REKOLE sind hier zu finden). REKOLE stellt sicher, dass die tatsächlich aufgetretenen Kosten in einem Spital derart den einzelnen Patientenfällen zugeordnet werden, dass sie über alle Spitäler in der Schweiz der gleichen Logik folgend vergleichbar werden.
Die Spitäler liefern diese Daten jährlich dem Bundesamt für Statistik (BFS).
Patientenfälle werden anhand verschiedener Merkmale in möglichst gleichartige Fallgruppen sortiert
Die Patientenfälle der verschiedenen Spitäler werden anhand verschiedener Merkmale (bspw. durchgeführte Prozeduren, Alter, Geschlecht, etc.) in möglichst vergleichbare Gruppen (sog. Fallgruppen) sortiert. Dies läuft automatisch, über einen vordefinierten Algorithmus in einem Computerprogramm ab. Dieser Algorithmus wird "Grouper" genannt. Die solutions tarifaires suisses AG ist verantwortlich, diesen Algorithmus auch nach der Einführung der ersten Tarifversion jährlich weiterzuentwickeln. Dadurch wird das System laufend verbessert und die Aktualität sichergestellt. Spitäler können über den Onlinegrouper der solutions tarifaires suisses AG bereits jetzt ihre Patientenkontakte (Patientenfälle) gruppieren, um die Vergütung über das ambulante Pauschalensystems zu simulieren.
Hinweis: Aktuell ist der Grouper der Tarifversion 0.2 (mit Stand Dezember 2021) online. Sobald die nächste Tarifversion vorliegt, wird dazu ebenfalls die entsprechende Grouperversion publiziert.
Über die sortierten Patientenfälle lassen sich die durchschnittlichen Kosten der Fallgruppen berechnen
Nach der Gruppierung der Patientenfälle in die einzelnen Fallgruppen, können innerhalb jeder Fallgruppe die durchschnittlichen Kosten für diese möglichst gleichartigen Patientenfälle berechnet werden.
Hinweis: Die aggregierten Kostendaten (inkl. Zusammensetzung) jeder Fallgruppe werden von der solutions tarifaires suisses AG mit der Tarifeinführung publiziert. Dies entspricht dem Prinzip, wonach eine moderne Tarifstruktur transparent sein soll.